Work in progress seit 2001; freihändig gezeichnet aus unzähligen feinen Linien; leere Kugelschreiber, Kugelschreiber, Bleistifte oder Buntstifte auf Papier; 21 x 21 bis 201 x 201 cm.
Anonyme Zeichner*innen & Lines Fiction:
11/24 – 01/25 Kunstraum Kreuzberg / Bethanien, Berlin
02/25 – 03/25 Kunsthaus Erfurt
05/25 Hyperculturalpassengers, Hamburg
Die Gestaltungen sind aufregend und wirkungsstark – der Blick in die Unendlichkeit und die fassungslose Weite des Alls, eröffnet eine andere Dimension, die auch mich zum Nachdenken und Staunen bewegt.
Helmut Kirchlechner ist Zeichner. Auf kleine und große weiße Büttenpapiere zieht er Kreise, beginnend von Innen nach Außen, mit Bleistift, Farbstift, Kugelschreiber. Je nach Druckstärke erscheinen die spiralig gezogenen Kreise dreidimensional eingegraben oder erhaben, rau, faserig, auch farbig, glänzend. In der Wiederholung findet Helmut Kirchlechner seine bildnerische Ästhetik (Wahr-Nehmung). Die Linien werden oft so fein, dass sie sich abheben und unstofflich werden, im Raum verschwinden, wie die sich entfernenden Klänge eines Saiteninstrumentes. Als Betrachter sehe ich auch Gestirne, Sternenstaub und unterliege dieser Verzauberung immer aufs Neue. In seinen Arbeiten sind Kreis und Quadrat (Format der Papiere) Maß und bildbauend, und, raumsuggerierend. Sich loslösend vom Grund, wenn sich die „Leere“ in den visuellen Vor-grund schiebt, das „Gebilde“ sich abhebt.
Das Faszinierende des künstlerischen Ansatzes von Helmut Kirchlechner ist in der Radikalität und Einfachheit des Konzeptes einerseits und der daraus entstehenden Konzentration und Intensität der visuellen Erscheinung andererseits begründet. Mögen die Beschränkung auf eine Form und eine fest umrissene Vorgehensweise zunächst als allzu große Einengung der künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten erscheinen, so offenbart sich bei näherem Hinsehen und Einlassen ein unvermuteter Reichtum, der eine Vielfalt in Farbe, Technik und Materialqualität mit hoher energetischer Aufladung, meditativer Kraft und starker visueller Präsenz verbindet. Was die künstlerische Position von Helmut Kirchlechner auszeichnet, ist das Gegenteil von Beliebigkeit, nämlich Klarheit und äußerste Reduktion im Konzeptuellen, wodurch die sinnlichen Qualitäten der Arbeiten und ein nahezu unendliches Potential an Möglichkeiten nicht ausgeschlossen, sondern erst ermöglicht werden. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Form des Kreises nicht irgendeine Form ist, sondern die einfachste und zugleich vollkommenste Form, der höchste (Symbol-) Kraft innewohnt.
Die Arbeiten erinnern an Himmelskörper; wie individuelle Fingerabdrücke sind es ähnliche und doch einzigartige Variationen. Mikrokosmos und Makrokosmos. Ich mag den Zusammenhang zwischen dem Ursprung des einfachen Kritzelns, wie es auch Kinder in ihren frühen Zeichenversuchen („Urknäuel“) erleben – und dem großen Ganzen, unserem Universum („Das in eins Gewendete“). Als eine Wahrnehmung der Wirklichkeit, ihrem subtilen Reichtum in endlosen Kreisläufen und unendlichen Variationen.
Work in progress seit 1999; ein intuitives Tagebuch in Bildern, das größtenteils während des kunsttherapeutischen Alltags entsteht.
* 1965
Schreinerlehre mit Auszeichnung, „Die gute Form“
Kunststudium und Meisterschüler an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Professor Franz Weißhaar
Kunsttherapiestudium an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Professorin Gertraud Schottenloher
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Archiv Anonymer Zeichner, Berlin
The Sketchbook Project, Brooklyn Art Library, New York
Staatskanzlei Bayern, München